„Metall auf Metall“ geht in die nächste Runde: BGH legt dem EuGH Fragen zum urheberechtlichen Betriff des Pastiches vor

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veröffentlicht am 14. September 2023 | Lesedauer ca. 2 Minuten


Mit Spannung wurde der heutige Verkündungstermin des BGH in Sachen „Metall auf Metall V“ erwartet, dem bisher längsten und zu den wichtigsten Verfahren im Urheber­recht zählenden Prozess in Deutschland.


Diesem Mammut-Verfahren liegt ein über 20 Jahre dauernder Streit mit mehreren Entscheidungen des Bundes­gerichtshofs (BGH), des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) und des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) über die elektronische Kopie von zwei Rhythmus-Sequenzen („Sampling“) aus dem Titel „Metall auf Metall“ der Band Kraftwerk und deren Nutzung in fortlaufender Wiederholung in einem Titel „Nur mir“ von Sabrina Setlur zugrunde.

Die bisherigen Entscheidungen hatten komplexe und grundsätzliche Frage des deutschen und europäischen Urheberrechts zum Gegenstand und haben letztlich auch zu einer neuen Schrankbestimmung in § 51a UrhG geführt. Nach dieser ist die Nutzung eines vorbestehenden Werkes in einem neuen Werk zulässig, wenn es sich um ein sogenanntes Pastiche handelt. Der heutige Beschluss des BGH (Beschluss vom 14. September 2023 – I ZR 74/22 – Metall auf Metall V) reiht sich in diese Entscheidungen ein und eröffnet erneut den Weg zum EuGH, der nun zu klären hat, was ein Pastiche im Sinne des Urheberrechtsgesetzes ist.
 
Im allgemeinen Sprachgebrauch ist ein Pastiche ein Werk, das offen das Werk eines vorangegangenen Künst­lers oder Autors imitiert. Allerdings schützt das Urheberrecht nicht den Stil als solchen, sodass der Begriff des Pastiches in § 51a UrhG auslegungsbedürftig ist. Nachdem die Regelung auf Unionsrecht basiert, obliegt es nunmehr dem EuGH zu entscheiden, wie der Pastiche-Begriff unionsweit ausgelegt werden muss.

Die bisherige deutsche Rechtsprechung zur Schrankenbestimmung des § 51a UrhG stellt zur Auslegung darauf ab, ob es sich um einen kommunikativen Akt der stilistischen Nachahmung handelt, der bewertend auf das Original Bezug nimmt. Damit geht einher, dass das Pastiche das Original erkennen lassen muss und ein Min­destmaß an eigener Kreativität vorhanden ist. Zudem muss die Interessenabwägung der betroffenen Rechte und Interesse ergeben, dass die berechtigten Interessen des Rechtsinhabers nicht beeinträchtigt werden.

Der BGH hat laut Pressemitteilung vom 14. September 2023 das Verfahren ausgesetzt und dem EuGH u. a. die Frage vorgelegt, ob die Schrankenbestimmung ein Auffangtatbestand jedenfalls für eine künstlerische Ausein­an­dersetzung mit einem vorbestehenden Werk oder sonstigen Bezugsgegenstand einschließlich des Samplings ist und ob für den Begriff des Pastiches einschränkende Kriterien wie das Erfordernis von Humor, Stilnachah­mung oder Hommage gelten, nachdem der Kunstfreiheit ansonsten nicht in allen Fällen der gebo­tene Raum gegeben werden kann.
 
Der BGH will zudem vom EuGH geklärt wissen, ob die Nutzung des Originals für ein Pastiche voraussetzt, dass die Nutzung mit der Absicht erfolgen muss, damit ein Pastiche zu schaffen oder ob es genügt, wenn nur der Charakter als Pastiche als solcher erkennbar ist, ohne dass auch eine Absicht des Nutzers dazu vorliegen muss.
 
Es bleibt mit Spannung die Veröffentlichung des heutigen Beschlusses und die Entscheidung des EuGH zur Auslegung des Pastiches abzuwarten, die nicht nur die Frage der Zulässigkeit des Kraftwerk-Samplings klären wird, sondern unionsweit die allgemeinen Maßstäbe für das Pastiche im Urheberrecht festlegt.

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Dr. Susanne Grimm

Rechtsanwältin, Fachanwältin für Gewerblichen Rechtschutz

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