Steuerliche Compliance auslagern? Eine strategische Entscheidung

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​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​veröffentlicht am 2. Juli 2025 | Lesedauer ca. 2 Minuten
 

Interview mit Steuerexperte Dr. Dirk Oetterich​




Warum rückt das Thema Outsourcing im Bereich der steuerlichen Compliance gerade jetzt so stark in den Fokus?​


Das liegt vor allem an drei Entwicklungen: Fachkräftemangel, steigende Kosten und zunehmende Komplexität steuerlicher Vorschriften. Unternehmen stoßen bei der Bewältigung der steuerlichen Pflichten an ihre Grenzen – nicht nur personell, sondern auch technisch und organisatorisch.​

Was genau macht die steuerliche Com​pliance heute so komplex?


Es geht längst nicht mehr nur um Körperschaft-, Umsatz- oder Lohnsteuer. Unternehmen müssen sich heute auch mit neuen Meldepflichten wie DAC 6, der globalen Mindestbesteuerung oder detaillierten Verrechnungspreisregelungen auseinandersetzen. Die Basis dafür sind Daten aus der Finanzbuchhaltung, die gewissen Grundsätzen wie der Ansatz- und Bewertungsstetigkeit gemäß § 252 Abs. 1 Nr. 6 HGB unterliegen. Daraus resultieren enge Abhängigkeiten zwischen Handels- und Steuerbilanz – was wiederum die Flexibilität  einschränkt.​

Welche Gründe sprechen konkret für das Outsourcing?


Es gibt im Wesentlichen fünf Hauptgründe:

  1. Nicht jedes Unternehmen hat intern das spezialisierte Know-how.
  2. Ein personelles Klumpenrisiko entsteht, wenn nur wenige Fachkräfte kritisches Wissen haben.
  3. Oft fehlt es auch quantitativ an Ressourcen.
  4. Technologisch sind Dienstleister häufig weiter – Stichwort KI-gestützte Compliance-Systeme.
  5. Unternehmen können durch Auslagerung auch einen Teil der Haftung abgeben.

Inwieweit betrifft das auch international tätige Konzerne?


In hohem Maße. Steuerliche Pflichten enden nicht an Landesgrenzen. Länderspezifische Anforderungen bei Quellensteuern oder Verrechnungspreisen machen es erforderlich, dass auch grenzüberschreitende Prozesse professionell betreut werden. Es reicht nicht aus, nur lokal zu denken – man muss global agieren.​


Was sollten Entscheider bei der Auswahl eines Dienstleisters beachten?


Zunächst sollten sie ein klares Anforderungsprofil erstellen. Dabei ist nicht nur die fachliche Qualifikation wichtig, sondern auch die IT-Kompetenz, die Branchenkenntnis, die internationale Präsenz und natürlich eine solide Haftpflichtversicherung. Entscheidend ist zudem, wie gut sich der Dienstleister in bestehende Compliance-Systeme integrieren lässt.

Gibt es auch Modelle der Teilauslagerung?


Ja, viele Unternehmen behalten Teile der Prozesse – etwa die Finanzbuchhaltung – intern und lagern nur die Erstellung der Steuererklärungen aus. Das ermöglicht Kostenvorteile und eine höhere Kontrolle über interne Daten. Allerdings muss man hier sehr sauber Verantwortlichkeiten definieren, um im Fehlerfall Klarheit zu haben.

Wie sehen Sie das Thema Vertrauen beim Outsourcing?


Vertrauen ist der Dreh- und Angelpunkt. Die Zusammenarbeit ist keine reine Beauftragung, sondern eine echte Partnerschaft. Trotzdem bleibt die Verantwortung der Geschäftsführung bestehen. Bereits bei der Auswahl des Dienstleisters muss sorgfältig vorgegangen werden – denn Fehler oder Auswahlverschulden können haftungsrechtliche Konsequenzen haben.

Abschließend: Lohnt sich Outsourcing der Steuercompliance?


Richtig umgesetzt kann es zu enormen Entlastungen führen – personell, finanziell und haftungsrechtlich. Es setzt jedoch voraus, dass Unternehmen strukturiert vorgehen, klare Prozesse definieren und den richtigen Partner wählen.​ Outsourcing kann ein großer Gewinn sein – aber nur, wenn es strategisch und verantwortungsbewusst angegangen wird.​

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