Energierecht: Aktuelle Entwicklungen aus Unternehmersicht

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veröffentlicht am 25. April 2019


Das Anfang des Jahres in Kraft getretene Energiesammelgesetz bringt erhebliche Änderungen, insbesondere für Unternehmen, die ihren Strom selbst erzeugen. Relevant sind diese v.a. für Betriebe, bei denen die Stromkosten einen signifikanten Anteil an der Bruttowertschöpfung ein­nehmen. Gerade für sie lohnt sich ein genauer Blick in das energierechtliche Gestrüpp, da sie von umfangreichen Vergünstigungen profitieren.


 
Zahlreiche Unternehmen haben in den vergangenen Jahren in Photovoltaikanlagen, Blockheizkraftwerke (BHKW) und Kleinwindanlagen investiert, um ihren Strombedarf zumindest z.T. selbst zu decken. Die Vorteile liegen auf der Hand:
  • Senkung der Stromkosten durch Reduktion der Strompreisbestandteile (z.B. EEG-Umlage)
  • Effizienzsteigerungen
  • Aufbau einer nachhaltigen Eigenversorgung


Handelsunternehmen setzen dabei regelmäßig auf Photovoltaikanlagen, weil diese ihren maßgeblichen Strombedarf während des Tages optimal decken können. Für stromkostenintensive Industrieunternehmen ist oft ein BHKW die erste Wahl, da gleichzeitig Strom und Wärme erzeugt werden, die einer sinnvollen betrieblichen Nutzung zugeführt werden können. Damit die Umstellung auf die Eigenversorgung auch langfristig zum Erfolgsfaktor wird, sind nicht zuletzt die energierechtlichen Rahmenbedingungen zu beachten.


Reduzierung der Stromkosten ist kein Automatismus

Die Stromkosten können nur gesenkt werden (bspw. durch Wegfall oder Reduzierung der EEG-Umlage), wenn die im Vorfeld des Eigenstromprojekts kalkulierten Vergünstigungen auf den Strompreis auch tatsächlich realisiert werden können. Wegen der Dynamik der Energiegesetze ist die Eigenversorgung kein Selbstläufer. Das Gestrüpp aus energiewirtschaftlichen Vorschriften wird immer dichter. Daraus resultieren immer mehr Mitteilungspflichten gegenüber Netzbetreibern, der Bundesnetzagentur oder etwa Hauptzollämtern.


Neuerungen im Energiesammelgesetz

Am 1. Januar 2019 ist das sog. Energiesammelgesetz mit zahlreichen Änderungen im Bereich des EEG, KWKG und EnWG in Kraft getreten. Das Energiesammelgesetz enthält positive Aspekte, wie bspw. die Verlängerung der staatlichen Förderung für den Einsatz von Blockheizkraftwerken bis zum Jahr 2025. Auch Neuregelungen zur Zurechnung von Strommengen „Dritter” zum eigenen Unternehmen sind darin enthalten. Danach kann der Verbrauch eines Dritten dem eigenen (z.B. nach dem EEG privilegierten) Unternehmen zugerechnet werden, wenn der Verbrauch geringfügig ist und üblicherweise und im konkreten Fall nicht gesondert abgerechnet wird. Die Änderung ist zu begrüßen, da insoweit klargestellt wird, dass der Stromverbrauch von Mitarbeitern etwa in Gemeinschaftsräumen evtl. Vergünstigungen des Unternehmens auf den Strompreis nicht ins Wanken geraten lässt.

Allerdings stellen die Neuregelungen des Energiesammelgesetzes die Betroffenen auch vor erhebliche Herausforderungen.


Im Fokus: Stromabgabe an Dritte auf dem Betriebsgelände

Nicht zuletzt in den Fällen, in denen bspw. von einem Eigenversorger auf dem Betriebsgelände Strom­mengen an einen Dritten abgegeben werden, ist besondere Vorsicht geboten. Die Fälle sind sehr vielseitig: externe Reinigungsfirmen, Subunternehmer oder etwa Untermieter kommen grundsätzlich in Betracht. Es spielt dabei keine Rolle, ob es sich um eine unentgeltliche Stromabgabe handelt oder um eine entgeltliche Stromlieferung. Bisher war z.B. strittig, ob eine Privilegierung bei der EEG-Umlage (bspw. bei der Eigenversorgung) entfällt, sofern ein beauftragter Handwerker Strom auf dem Betriebsgelände verbraucht hat. Hintergrund ist, dass sog. Drittverbräuche mess- und eichrechtskonform abzugrenzen sind. Diese Anforderung wurde in der Praxis von vielen Unternehmen aber nicht in jedem Fall erfüllt, insbesondere nicht bei einer kurzfristigen Stromabgabe an Dritte. Das Energiesammelgesetz lässt nunmehr Ausnahmen von der mess- und eichrechtlichen Erfassung von Strommengen zu. Greift jedoch eine Ausnahme nicht, sind Unternehmen in der Pflicht, ein Messkonzept auszuarbeiten, es bis spätestens 1. Januar 2020 umzusetzen und dem zuständigen Netzbetreiber anzuzeigen. Bei Nichtbeachtung der Neuregelungen greifen erhebliche Sanktionen. Bspw. kann auch bei bestands­geschützten Eigenversorgungen die Befreiung von der EEG-Umlage vollständig entfallen, wenn eine Abgrenzung der privilegierten von den nicht privilegierten Strommengen nicht erfolgen kann. Betroffene Unternehmen müssen daher schnell handeln. Bis zur Umsetzung des entsprechenden Messkonzepts können Unternehmen die nicht mit geeichten Messein­richtungen erfassten Strommengen übergangsweise schätzen. Wird von Schätzungen Gebrauch gemacht, müssen diese zwingend dem Netzbetreiber angezeigt werden, um nicht Sanktionen zu begegnen.


Rechtssicherheit für Eigenversorger aus KWK-Anlagen

Mit dem Energiesammelgesetz kam auch die Rechtssicherheit in Bezug auf die Höhe der EEG-Umlage für Eigenversorger aus „neuen” KWK-Anlagen. Die Reduzierung der EEG-Umlage gilt auch künftig für hocheffiziente KWK-Neuanlagen, die ab August 2014 in Betrieb gingen. Allerdings ist die bisherige Reduzierung begrenzt auf Anlagen mit einer Größe bis zu einem MW sowie auf Anlagen über zehn MW. Sie zahlen auch in Zukunft nur 40 Prozent der EEG-Umlage. Für Anlagen zwischen einem und zehn MW entfällt die Privilegierung (teilweise): Es bleibt bei 40 Prozent der EEG-Umlage, sofern die Anlagen weniger als 3.500 Vollbenutzungsstunden pro Jahr aufweisen. Bei Überschreitung der 3.500 Vollbenutzungsstunden fällt die Privilegierung bei der EEG-Umlage (teilweise) weg, wobei Übergangsregelungen gelten. Eine Ausnahme gilt für Anlagen der stromkostenintensiven Industrie: Sie profitieren unabhängig von der Größe und den Vollbenutzungsstunden von der Reduzierung der EEG-Umlage.

Für Anlagen, die ab dem 1. Januar 2018 in Betrieb gegangen sind, findet ab 3.500 Vollbenutzungsstunden eine EEG-Umlage i.H.v. 160 Prozent Anwendung.


Folgen für die Praxis

Die Anwendung der neuen Vorschriften ist von großer Bedeutung – nicht nur, um die gesetzlichen Vorga­ben ordnungsgemäß umzusetzen, sondern auch, um relevante Optimierungspotenziale auf Unternehmens­ebene rechtzeitig zu heben. Wer die Mitteilungspflichten nicht erfüllt, kann bei den bisherigen Privilegie­rungen unangenehme Überraschungen erleben. Das betrifft auch Eigenversorger, die bisher von der Abführung der EEG-Umlage befreit waren. Solche Anlagenbetreiber können bei Nichterfüllung der Mitteilungspflichten im Hinblick auf die EEG-Umlage zur Kasse gebeten werden. Angesichts der häufigen Novellen wünschen die Unternehmen Kontrollmechanismen – v.a. diejenigen, für die die Energieversorgung Mittel zum Zweck und nicht Kerngeschäft ist. Um den Überblick zu wahren, sind Unternehmen daher gut beraten, die energie­rechtlichen Entwicklungen – evtl. mit externer Unterstützung – zu prüfen. Die Implementierung von Kontroll­mechanismen im Bereich der Energieabgaben ist nicht zuletzt auch ein Meilenstein bei der Reduzierung der unter­nehmerischen Haftung innerhalb der Abwicklung der energie­rechtlichen Umlagen und Abgaben wie die EEG-Umlage und Stromsteuer.

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