Carbon Border Adjustment Mechanism (CBAM) im internationalen Kontext: Die CO2-Bepreisung hat weitreichende Implikationen für Unternehmen

PrintMailRate-it
veröffentlicht am 12. Juni 2023 / Lesedauer ca. 4 Minuten
 
Die Bepreisung von CO2-Emissionen ist ein wesentlicher Bestandteil der Klima­schutz­gesetzgebung. Der Kreis der von der CO2-Regulierung erfassten Unternehmen wird größer. Unternehmen, die bestimmte Waren in die EU importieren, stehen an vor­derster Front einer grundlegenden Veränderung: Der Carbon Border Adjustment Mechanism (CBAM) gilt für Importeure von Produkten, wie Aluminium, Stahl, Dünge­mittel, elektrischer Energie, Zement, Eisen und in bestimmten Fällen auch Wasser­stoff. Auch Unternehmen, die weiterverarbeitete Produkte (z.B. Metallprodukte, wie Schrauben und Bolzen) beziehen und deren Waren außerhalb der EU produziert werden, sind betroffen. In absehbarer Zeit werden diese Importe dem Carbon Border Adjustment Mechanism unterworfen sein, bei Nichtbeachtung drohen empfindliche Strafen. 

  

    

Was verbirgt sich hinter dem CBAM, wie wird dieser Mechanismus funktionieren und welche Maßnahmen sollten Unternehmen ergreifen, um sich darauf vorzubereiten? Wir geben Unternehmen einen Überblick über die neuen Regelungen.
 

Was der CBAM ist und wann er wirksam wird

Der CBAM ist eine neuartige CO2-Regulierung und eine Form der CO2-Bepreisung. Der neue Mechanismus soll dazu beitragen, dass die EU im Kampf gegen den Klimawandel effektiver agiert. Während das bestehende EU-Emissionshandelssystem (ETS) für EU-Länder gilt, wird CBAM auf Waren angewendet, die außerhalb der EU hergestellt werden. Damit wird dem Problem der „CO2-Verlagerung” begegnet, bei dem Unternehmen die Pro­duktion von Waren in Länder mit weniger strengen Emissionsvorschriften verlagern, um in erster Linie Kosten im Zusammenhang mit der CO2-Bepreisung einzusparen.

Der neue CBAM-Mechanismus wird bereits – wenn auch in abgestufter Form – in diesem Jahr wirksam werden. Am 1. Oktober 2023 beginnt zunächst eine auf drei Jahre angelegte Übergangsphase. Voraussichtlich im Januar 2027 wird CBAM dann in vollem Umfang in Kraft treten.

In der Übergangsphase von 2023 bis 2026 müssen betroffene Importeure den CBAM-Meldepflichten nach­kommen. Während dieser Zeit werden keine finanziellen Anpassungen vorgenommen. In den Jahren 2023 und 2024 werden die Zollbehörden die Importeure vor der Freigabe der Waren darüber informieren, dass sie die in den Waren enthaltenen Emissionen am Ende des Quartals melden müssen. Im Jahr 2025 müssen sich Im­porteure dann als autorisierte CBAM-Deklaranten registrieren, bevor sie betroffene Waren importieren.

Eine Nichteinhaltung der Meldepflichten ist sanktioniert, wobei die Sanktionen von den nationalen Gesetz­gebern bestimmt werden.

Ab 2027 müssen betroffene Unternehmen voraussichtlich die folgenden Schritte unternehmen:

Beantragung der Zulassung als autorisierter CBAM-Deklarant:

Ein autorisierter CBAM-Deklarant ist eine Person, die registriert ist, um vom CBAM erfasste Waren in die EU zu importieren und die Melde- und Zertifikatskaufpflichten des CBAM erfüllen muss. Die Zollbehörden werden den Import von Waren durch eine andere Person als einem autorisierten CBAM-Deklaranten nicht zulassen. Ein autorisierter Deklarant kann mehr als einen Importeur vertreten. Die Deklaranten registrieren sich in dem Mitgliedstaat, in dem sie ansässig sind. Ihr Status als autorisierter Deklarant wird von allen Mitgliedstaaten anerkannt.


Erfüllung der CBAM-Meldepflichten:

Am Ende eines jeden Quartals müssen autorisierte Deklaranten der Europäischen Kommission einen CBAM-Bericht mit Informationen über importierte Waren und deren Emissionen für das letzte Quartal vorlegen (spätestens einen Monat nach Ende des Quartals). Der Bericht muss Folgendes enthalten:
  • Daten zur Identifizierung des autorisierten CBAM-Deklaranten: Name; CBAM-Kontonummer;
  • Daten zu importierten Waren: Art und Menge jeder Art von Waren (in Megawattstunden für Strom und in Tonnen für andere Waren) pro Produktionsanlage; Herkunftsland; eingebettete Emissionen (direkt und indirekt, ausgedrückt in Tonnen Kohlendioxidäquivalent, CO2e);
  • Informationen über in anderen Ländern gezahlte CO2-Preise (bei Import aus einem Drittland außerhalb der EU mit vergleichbaren CO2-Preisen wie im EU-EHS). Ab 2027 werden sie einem Importeur ermöglichen, eine Verringerung der abgegebenen CBAM-Zertifikate geltend zu machen;
  • Ein Verifizierungsbericht (falls tatsächliche Emissionen gemeldet werden, anstatt Standardwerte zu verwenden).

CBAM-Zertifikate erwerben:

Für jede Tonne direkter Treibhausgasemissionen aus der Produktion der Waren muss ein Zertifikat erworben werden. Der Preis für CBAM-Zertifikate entspricht dem durchschnittlichen Preis der Zertifikate des EU-ETS der Vorwoche und wird wöchentlich bekannt gegeben. Zertifikate können jederzeit erworben und im registrierten CBAM-Zertifikatskonto des autorisierten Deklaranten gespeichert werden.

 

Am Ende der Quartale müssen autorisierte Deklaranten sicherstellen, dass ihr Konto Zertifikate enthält, die mindestens 80 Prozent der Emissionen der im laufenden Kalenderjahr importierten Waren abdecken.

 

Der CBAM wird nur auf den Anteil der Emissionen angewendet, der nicht von kostenlosen EU-ETS-Zertifikaten profitiert, da sie von 2026 bis 2034 schrittweise abgeschafft werden.

 

Unternehmen können überschüssige Zertifikate (mit einer Gültigkeit von zwei Jahren) erwerben und eine be­grenzte Anzahl im Rahmen eines jährlichen Ausgleichsprozesses weiterverkaufen. Während dieses Ausgleichs­prozesses werden Unternehmen erworbene Zertifikate im Wert der gesamten gemeldeten Emissionen ihrer Importe im vergangenen Jahr abgeben (wenn sie nicht über genügend Zertifikate verfügen, müssen sie ent­sprech­end mehr erwerben). Eine Strafe in Höhe der ETS-Strafen (zum heutigen Zeitpunkt sind das 100 Euro pro Tonne CO2e) wird verhängt, wenn Importeure die erforderlichen Zertifikate nicht abgeben.

 


Künftig mehr Produkte durch CBAM abgedeckt

Es ist sehr wahrscheinlich, dass CBAM künftig weitere Waren mit hohem Risiko für „Carbon Leakage“ ab­decken wird, wie beispielsweise Erdöl, organische Chemikalien, Kohle und Eisenerze.
 

Ausnahmen von CBAM

Warenimporte im Wert von weniger als 150 Euro pro Sendung sollen von der Regelung ausgenommen sein. Das CBAM wird keine Importe aus Island, Norwegen, Liechtenstein oder der Schweiz erfassen, da diese Länder das EU-ETS übernehmen oder damit verknüpft sind. Auch Strommärkte, die durch Marktverknüpfung mit dem EU-Binnenmarkt integriert sind, werden von der Regelung ausgenommen sein.
 

Verborgene Emissionen in Importen aufdecken

Bereit für die Umsetzung des CBAM? Kennen Sie Ihre Lieferanten in Bezug auf den CO2-Ausstoß? Die Emissio­nen eines Produkts können zwischen verschiedenen Ländern und Produktionsstätten erheblich variieren.


Unternehmen sollten in Bezug auf CBAM zumindest die folgenden Punkte klären:

  • Verstehen, wie CBAM-Gewinne und -Verluste beeinflussen kann
  • Abschätzen, wie Standardwerte für die eigenen Produkte aussehen könnten
  • Niedrigere CO2-Lieferanten zu identifizieren und mehrjährige Beschaffungsverträge abzuschließen
  • Wenn Lieferanten noch nicht ihren CO2-Fußabdruck erfassen, sollten sie dazu bewegt werden, die Emissio­nen aus Produktion und indirektem Stromverbrauch zu messen, damit sie schon für 2023 tatsäch­liche Primär­­daten liefern können. Obwohl es keine finanzielle Anpassung für die eingebetteten Emissionen von Importen bis zum Ende der Übergangszeit (voraussichtlich 2027) geben wird, gilt: je genauer die Daten sind, die die EU-Kommission vorher erhebt, desto fairer werden die Standardwerte wahrscheinlich sein.


2023 ist eine Chance – 2027 ist zu spät


Unternehmen haben nur noch drei oder vier jährliche Prozesse vor sich, bevor CBAM voll zum Tragen kommt. Wenn Unternehmen jetzt ihre Angelegenheiten in Ordnung bringen, haben sie genug Zeit, um die CO2-Bilanzierung und das Lieferantenengagement in ihre Prozesse zu integrieren und ihre Lieferketten auf die steigenden Kosten für CO2 vorzubereiten.

Befehle des Menübands überspringen
Zum Hauptinhalt wechseln
Deutschland Weltweit Search Menu