Umsatzsteuer im internationalen Warenverkehr – Ände­­rungen bei EU-grenzüberschreitenden Vertriebswegen

PrintMailRate-it
veröffentlicht am 11. Februar 2020 / Lesedauer ca. 3 Minuten
 

In Deutschland – einem Land, das zur Riege der „Exportweltmeister“ zählt – sind v.a. grenzüberschreitende Lieferungen von Waren das „tägliche Geschäft“ vieler Unter­nehmer. Eine korrekte umsatzsteuerliche Erklärung und Fakturierung ist unerlässlich, da bei einem deutschen Regelsteuersatz von 19 Prozent Fehler zu einem enormen Margenverlust und einer definitiven Steuerbelastung führen können. Zudem unter­scheidet sich je nach gewählter Supply Chain die umsatzsteuerliche Behandlung des Warenverkehrs stark. Das künftig in der EU geplante definitive Umsatzsteuer­system mit einer Besteuerung hin zum sog. „Bestimmungslandprinzip” soll für Unternehmen jedoch administrative Vereinfachungen und weitere Rechtssicherheit bringen.

  

  

Derzeit erfolgt die Umsatzbesteuerung der EU-grenzüberschreitenden Warenlieferungen in Deutschland nach dem sog. „Ursprungslandprinzip” – d.h. besteuert wird grundsätzlich in dem Land, in dem der Warentransport beginnt. Wird grenzüberschreitend im B2B-Bereich geliefert, ist im Abgangsland (Ursprungsland) der Ware – unter bestimmten Voraussetzungen – eine Steuerbefreiung vorgesehen. Im Bestimmungsland (am Transport­ende) erfolgt dagegen korrespondierend die Umsatzbesteuerung durch den Unternehmerkunden bei Empfang der Ware im anderen EU-Mitgliedstaat (sog. „innergemeinschaftlicher Erwerb“).

 

Für den grenzüberschreitenden Warenverkehr im EU-Wirtschaftsraum hat die EU-Kommission weitreichende Reformen angestoßen: Bis zum Jahr 2022 – allerdings mit einer Übergangszeit – soll ein „endgültiges System der Besteuerung des Handels zwischen Mitgliedstaaten” mit einer Besteuerung im Bestimmungsland ein­geführt werden. Demzufolge soll auch auf Lieferungen an EU-Unternehmerkunden mit Warentransport ins EU-Ausland lokale Umsatzsteuer erhoben werden; und zwar in Höhe des im Bestimmungsland geltenden Steuer­satzes. Die Steuerbefreiung für innergemeinschaftliche Lieferungen entfällt. Die Abführung der ausländischen Umsatzsteuer soll für alle EU-Unternehmer einheitlich über eine einzige Umsatzsteuererklärung erfolgen (sog. „One-Stop-Shop-Verfahren“, kurz: OSS) – das dient der Vereinfachung der Meldung und der Vermeidung von umsatzsteuerlichen Registrierungen im EU-Ausland.

 

Noch vor dem Stichtag sind zudem Änderungen beim grenzüberschreitenden Warenverkehr im B2C-Bereich (Versandhandel) vorgesehen: Eine Besteuerung soll am Sitz des Nicht-Unternehmerkunden (im Waren­empfangsland) ohne Berücksichtigung von Lieferschwellen ab dem ersten Euro (Netto-) Umsatz erfolgen.

 

Quick Fixes

Auf dem Weg zur Umsetzung des Bestimmungslandprinzips in der EU wurden schon einige kurzfristige Maß­nahmen angestoßen, sog. „Quick Fixes”. Sie sollen in ausgewählten Vertriebskonstellationen (z.B. im Bereich der grenzüberschreitenden Reihengeschäfte oder bei Konsignationslagern) ab 1. Januar 2020 eine EU-weite Vereinheitlichung für den Unternehmer bringen sowie durch Fokussierung auf die Verwendung der Umsatz­steuer-Identifikationsnummer (USt-IdNr.) den Weg zur Besteuerung nach dem Bestimmungslandprinzip ebnen.

 

Durch das „Gesetz zur weiteren steuerlichen Förderung der Elektromobilität und zur Änderungen weiterer steuerlicher Vorschriften” (sog. „Jahressteuergesetz 2019”) wurden bereits Regelungen mit Wirkung für ab dem 1. Januar 2020 ausgeführte Umsätze verabschiedet: In Zukunft kommt es für die Gewährung der Steuerbe­freiung von sog. „innergemeinschaftlichen Lieferungen” zusätzlich zu den bestehenden Voraussetzungen materiell-rechtlich auf die verwendete gültige USt-IdNr. des Erwerbers an.

 

 

Hinweis für die Praxis

In der Konsequenz sowie für einen Vertrauensschutz des Lieferanten, eine Steuerbefreiung in Anspruch nehmen zu können, sollte zum Zeitpunkt der Lieferung eine qualifizierte Bestätigungsabfrage der USt-IdNr. beim Bundeszentralamt für Steuern vorgenommen und die Identität des Geschäftspartners verifiziert werden. Zudem soll als Voraussetzung für die Steuerbefreiung die Abgabe einer (korrekten) Zusammenfassenden Meldung sein. Dabei ist auch auf die Einführung von §§ 17a, 17b UStDV mit der sog. „Gelangensvermutung“ durch weitere Belegnachweise für innergemeinschaftliche Lieferungen neben oder ggf. anstelle der sog. „Gelangensbestätigung” hinzuweisen.

 

 

Grenzüberschreitende Lieferungen erfolgen zeit- und transportbedingt häufig bei sog. „Reihengeschäften”. Bei Umsetzung der Quick Fixes wurden nun im UStG alle Fälle der Praxis aufgenommen, d.h. EU- und Dritt­lands­fälle sowie die Varianten mit Tansportbeauftragung durch die verschiedenen am Reihengeschäft Beteiligten. Letztlich wird – wie bisher im deutschen UStAE – nunmehr im Gesetzestext bei grenzüberschreitenden Reihengeschäften bestimmt, wer in der Reihe eine steuerfreie Lieferung erbringt und eine solche zu fakturieren hat. Dabei wird für den Zwischenhändler (mittlerer Unternehmer in der Reihe) auf die von ihm verwendete USt-IdNr. abgestellt. Der Nachweis der „warenbewegten“ Lieferung in der Reihe geschieht bei seiner Transport­ver­antwortlichkeit durch die Verwendung einer USt-IdNr. vom Abgangsland der Ware. Entsprechend gilt das bei Transport des Gegenstands auch in ein Drittland.

 

Bei der grenzüberschreitenden Nutzung von sog. „Konsignationslagern” (call-of-stocks) werden ebenso die Quick Fixes in einem neuen § 6 b UStG n.F. umgesetzt. Eine Warenlieferung wird bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen (ggf. z.B. das Führen eines speziellen Registers; was derzeit aber noch diskutiert wird) beim ausländischen liefernden Unternehmer einer innergemeinschaftlichen Lieferung gleichgestellt und seitens des Erwerbers als innergemeinschaftlicher Erwerb im Inbound-Fall (beim deutschen call-off-stock) besteuert. Bisher sind die Regelungen zum Konsignationslager in den einzelnen EU-Ländern sehr unterschiedlich aus­gestaltet – künftig soll jedoch auf Basis des EU-Rechts eine einheitliche Regelung in allen EU-Mitgliedstaaten gelten.

 
Fazit

Mit Blick auf die geplanten gesetzlichen Änderungen sollten grenzüberschreitende Liefergeschäften in unter­schiedlichsten Vertriebsstrukturen, wie via Reihengeschäft, regelmäßig umsatzsteuerlich auf die zutreffende Behandlung, auf Risiken und ggf. Optimierungen geprüft werden. Das umsatzsteuerliche Augenmerk beim grenzüberschreitenden Handel ist in Zukunft im B2B-Breich noch mehr auf Verwendung und Prüfung der USt-IdNr. des Geschäftspartners gerichtet. Auch die richtige und fristgerecht eingereichte Zusammenfassende Meldung erlangt große Bedeutung, will man i.S. eines „Umsatzsteuer Compliance Management-Systems” bereits bei Ausführung eines Umsatzes alles richtig machen. 

Befehle des Menübands überspringen
Zum Hauptinhalt wechseln
Deutschland Weltweit Search Menu