Steuermanagement mit ERP-Systemen – Ansätze bei internationalen Warenflüssen

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veröffentlicht am 11. Februar 2020 / Lesedauer ca. 3 Minuten
von Michael Natterer, Rödl & Partner Nürnberg, und Julia Daubenmerkl
 

Die Komplexität für Steuerabteilungen nimmt mit einer wachsenden Anzahl an Nachweispflichten zu. Aufgrund steigender externer Anforderungen wächst auch der Anspruch zur Dokumentation und gezielter Risikosteuerung. Die seit Anfang 2020 gültigen Neuregelungen im innereuropäischen Warenverkehr (sog. „Quick Fixes“) tragen dazu bei. Eine Herausforderung für Unternehmen besteht darin, praktikable und sichere Wege zur Operationalisierung der Kontrollsysteme zu finden. Doch welche Hilfestellungen können bereits im Einsatz befindliche IT-Systeme geben?

  

  

Die Prüfung steuerrelevanter Geschäftsprozesse ist zu einer zentralen Aufgabe für Unternehmen geworden. Steuerabteilungen sehen sich mit einer zunehmend wachsenden Anzahl an Kriterien konfrontiert, deren Komplexität  –  insbesondere bei internationaler Geschäftstätigkeit  –  stark zunimmt. Neue regulatorische Regelungen, verbunden mit immer kürzer werdenden Bearbeitungsfristen bis hin zu Auskünften in Echtzeit müssen personell und systematisch implementiert sowie durchgeführt werden. Spätestens mit den seit 2016 gültigen Erfordernissen eines internen Kontrollsystems (§ 153 AO) steigt der Erfüllungsdruck und damit das verbundene unternehmerische Risiko.
 

Neuregelungen beim EU-Warenverkehr

Für den innergemeinschaftlichen Warenverkehr wurden mit Beginn des Jahres 2020 die Quick Fixes der EU in nationales Recht umgesetzt. Neben Regelungen zu Lieferungen in ein Konsignationslager (§ 6b UStG) wurden Bestimmungen für Reihengeschäfte (§ 3 Abs. 6a UStG) und für innergemeinschaftliche Lieferungen (§ 4 Nr. 1b UStG) aufgenommen, für die der Nachweis einer gültigen Umsatzsteuer-Identifikationsnummer  –  bei Beginn der Lieferung  –  materiell-rechtliche Voraussetzung geworden ist.

 

  • Reihengeschäft: Unternehmen unterliegen der Pflicht, relevante Vertragspartner, die genauen Lieferketten sowie die Transportwege der Waren festzuhalten  –  d.h. genauestens zu prüfen, welche der beteiligte Ver­tragspartei den Transport der Ware ins EU-Ausland beauftragt hat. Die richtige Zuordnung und systemische Abbildung der bewegten und damit ggf. steuerbefreiten Lieferung ist essenziell, um die Sachverhalte umsatzsteuerlich korrekt abbilden zu können. 
  • Prüfung der Umsatzsteuer-ID: Die (qualifizierte) Prüfung auf Gültigkeit der Umsatzsteuer-ID (USt-ID) ist eine weitere Voraussetzung, die Unternehmen nun noch stärker beachten müssen. Ab sofort ist bei Auftrags­anlage und zum Zeitpunkt der Lieferung die USt-ID auf Gültigkeit zu prüfen, um eine Umsatzsteuerbefreiung im innergemeinschaftlichen Binnenmarkt in Anspruch nehmen zu können. Die Ware sollte erst nach erfolgter Prüfung und Richtigkeit der USt-ID an den Empfänger versendet werden.

  
Beide Beispielfälle führen zu notwendigen umfangreichen operativen Dokumentationen und Datenanalysen.
 

Unterstützung durch ERP-Systeme

Die Herausforderung im Nachweis besteht darin, unterschiedliche Daten aus verschiedenen Unternehmens­bereichen zusammenzufassen und abzuarbeiten. ERP-Systeme bieten grundsätzlich schon eine solide und strukturierte Datenbasis; zusätzlich muss sie aber weiter aufbereitet und manuell verarbeitet werden. Außer­dem gilt es, die korrekte Einstellung der Steuerfindung im ERP zu prüfen und zu erweitern.
 
Durch standardisierte Datenmodelle in ERP-Systemen können die Daten verschiedener Bereiche analysiert werden, z.B. Finance und Delivery. Problematisch stellt sich  –  gerade im Zusammenhang komplexer Logistik­prozesse  –  die Situation dar, dass Daten der Teilbereiche gemeinsam ausgewertet werden müssen. An der Stelle weisen heutige ERP-Systeme Funktionslücken auf, die oft mit manuellen Arbeitsschritten oder Excel-Lösungen behoben werden. Alternativ können die Lücken auch durch eine Erweiterung des ERP-Standards bei einem Individualprojekt oder durch externe Analyse-Lösungen geschlossen werden.
 
Für steuerliche Analysen stehen ferner SAP-Erweiterungen (Add-ons) zur Verfügung, die als Plug & Play-Lösung eingesetzt werden können: Daten des ERP werden so verknüpft, dass sie jederzeit flexibel und über­greifend aufrufbar sind. Durch den Fokus auf den Steuerbereich werden entsprechende Analysen passend nutzbar. Neben der direkten Integration in das SAP-System ohne weitere Software ist ein weiterer Vorteil, dass kein Implementierungsprojekt größeren Umfangs durchgeführt werden muss.
 

Fazit

Die für den innereuropäischen Warenverkehr neuen Regelungen mögen zunächst mit Mehrarbeit verbunden sein, bieten Unternehmen langfristig gesehen durch einen aktiven Warenfluss- und Steuergestaltung aber auch Potenziale. Nicht zuletzt wird durch die neuen Prüfungsregeln eine höhere Transparenz im Warenverkehr erreicht. IT-Systeme  –  v. a. ERP-Lösungen  –  bieten eine reichhaltige Datenbasis, die durch gezielten Einsatz für Steueranalyse und -gestaltung genutzt werden sollten.

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