Wahl des Vertriebssystems – Weichen stellen

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zuletzt aktualisiert am 11. Februar 2020 / Lesedauer ca. 2 Minuten
 
von Vincent Max Döbrich, Tim Spielmann und Alexander Saueracker

 
Wachstum zwingt zur Beschäftigung mit Vertriebswegen. Weichenstellungen in dem Bereich sind für alle künftigen Entwicklungen entscheidend und oft nur mit erheb­­­­lichem Mehraufwand korrigierbar. Je früher die Konzeptionierung des eigenen, unternehmens­individuellen Vertriebssystems erfolgt, desto besser lässt es sich in der rechtlichen Umsetzung optimieren.
 

  
Kaum einem Unternehmensbereich kommt eine derart große Bedeutung zu wie dem Vertrieb – geht es doch gerade darum, das Produkt auf den Markt zu bringen. Es stellen sich – schon im Inland – große Heraus­forderungen an die optimale Ausgestaltung. Zu vielfältig sind die denkbaren Produkte, Kunden, Märkte etc., um ein allgemeingültiges Patentrezept für eine optimale Vertriebsstruktur zu entwickeln. Sie muss individuell erarbeitet und auf das jeweilige Unternehmen abgestimmt werden.

 

Direkt- oder Fremdvertrieb

Die erste zentrale Weichenstellung ist die Frage nach der Unmittelbarkeit. Varianten des Direktvertriebs sind bspw. der Versandhandel – z.B. basierend auf Webshops – sowie der Aufbau eigener Vertriebsniederlassungen, u.a. beim Vertrieb ins Ausland. Zentraler Vorteil ist die nahezu vollumfängliche Kontrolle über alle Vertriebs­aktivitäten durch das Unternehmen selbst. Demgegenüber stehen i.d.R. hohe Kosten für den Aufbau und die Pflege des Systems. Auch das Absatzrisiko verbleibt in dem Fall vollumfänglich beim Unternehmen.

 

Anders ist das beim sog. „Fremdvertrieb“. Er erfolgt über die Zwischenschaltung von (selbstständigen) Dritten als Vertriebsmittler. Populäre Beispiele sind Handelsvertreter, Vertragshändler, Kommissionäre oder Franchise­nehmer. All diesen Distributionsformen ist gemein, dass Teile des Absatzrisikos auf den Vertragspartner übertragen werden – jedoch auf Kosten der Einflussnahmemöglichkeit des Unternehmens, da der Vertriebs­mittler die Aktivitäten selbstständig entfaltet.

 

Besonderheiten beim Fremdvertrieb

Gerade beim Einsatz von Vertriebsmittlern sollten größtmöglicher unternehmerischer Weitblick und pro­fessionelle Beratung Hand in Hand gehen. Zu vielfältig sind die Möglichkeiten, aber auch die Risiken. Beliebte Formen des Fremdvertriebs in Deutschland sind der Handelsvertreter sowie der Eigen- bzw. Vertragshändler. Während der Vertragshändler selbstständig Waren an- und weiterverkauft, übernimmt der Handelsvertreter lediglich die Ver­mittlung von Geschäften für den Unternehmer. Der Handelsvertreter bezieht für seine Tätigkeit eine Provision; der Vertragshändler erhält korrespondierende Einkaufsrabatte. Wichtig ist, dass der Vertrags­händler – im Grundsatz anders als der Handelsvertreter – kartellrechtlichen Beschränkungen unterliegt, was insbesondere für Exklusivbindungen, Gebiets- und Kundenzuweisungen sowie Wettbewerbsverbote relevant ist.

   

Bereits bei Abschluss eines Vertriebsvertrags muss langfristig gedacht werden: So ist in Deutschland und in der EU einem Handelsvertreter i.d.R. eine Abfindung bei Vertragsende zu zahlen, der sog. „Handelsvertreter­aus­gleichsanspruch“. Ist der Vertragshändler ähnlich einem Handelsvertreter sehr stark in die Vertriebs­organisation integriert, ist bei Vertragsende ebenfalls eine Ausgleichszahlung zu leisten. Sie dient als Korrektiv dafür, dass der Vertriebsmittler fremdnützig Kunden geworben hat, die nach Vertragsende letztlich dem Unternehmen zustehen.

 

Fazit

Ein Vertriebssystems muss eine maßgeschneiderte Lösung sein, um den Interessen des Mandanten gerecht zu werden. Bereits bei der Ausgestaltung nationaler Systeme ergibt sich eine Vielzahl von Optionen, die sorgfältig gegeneinander abgewogen werden müssen. Kommt noch ein Auslandsbezug hinzu, ist professionelle Beratung unerlässlich, um zur Erschließung neuer Märkte und Kunden in den Untiefen des Vertriebsrechts unter­schiedlicher Rechtsordnungen den Kurs zu halten.

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