HGB-Bilanzierung im Wandel – ​BilRUG im Jahr 2015

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Von André Nestmann, Rödl & Partner Nürnberg und Dr. Benjamin Roos 
 
Das Jahr neigt sich dem Ende entgegen und die Bilanzierer nach dem Handelsgesetzbuch (HGB) warten gespannt, welche Vorschriften sie künftig beachten müssen. Derzeit ist noch unklar, wie viele Elemente des derzeit stark diskutierten Referentenentwurfs zum Bilanzrichtlinie-Umsetzungsgesetz (BilRUG) Eingang in den in naher Zukunft zu erwartenden Regierungsentwurf finden und dann als Gesetz verabschiedet werden.

Im Juli 2014 wurde der Referentenentwurf zum BilRUG veröffentlicht. Durch Umsetzung der entsprechenden EU-Richtlinie sollen insbesondere kleinen Unternehmen Erleichterungen eingeräumt und das Bilanzrecht weiter vereinheitlicht werden. Die nachfolgenden, für mittelständische Unternehmen besonders relevanten, Neuregelungen zeigen derzeit offene Umsetzungsfragen und ihre Folgen.
 

Neuklassifizierung von Umsatzerlösen

Neuregelung

In Umsatzerlöse sind künftig sämtliche Erträge aus dem Verkauf von Erzeugnissen, Waren und Dienstleistungen einzubeziehen, auch wenn sie nicht für die gewöhnliche Geschäftstätigkeit der Gesellschaft typisch sind. Damit sind bisher in sonstigen betrieblichen Erträgen erfasste Erlöse aus Nebentätigkeiten oder in außerordentlichen Erträgen erfasste Erlöse in Umsatzerlöse umzugliedern.
 

Umsetzungsfragen

Es stellt sich die Frage, ob es sachgerecht ist, unter den Umsatzerlösen sämtliche Leistungen, unabhängig von der jeweiligen typischen Geschäftstätigkeit, auszuweisen. Dies gilt z. B. für Erträge wie vereinnahmte Verwaltungskostenumlagen von Konzernunternehmen, Kantinenerlöse oder Mieteinnahmen aus Werkswohnungen. Derzeit ist auch unklar, wo die Trennlinie zwischen beiden Posten liegt

 

Folgen

  • Inhaltliche Ausweitung des Umsatzbegriffs;
  • Materielle Auswirkungen auf die Bilanzierung und Prüfung, wenn die Gesellschaft durch die Neuklassifizierung einer anderen Größenklasse zuzurechnen ist.

 

Einstandspflicht für Kapitalgesellschaften 

Neuregelung

Die Inanspruchnahme der Befreiung von der Pflicht zur Aufstellung, Prüfung und Offenlegung von Jahresabschlüssen der Kapitalgesellschaften (§ 264 Abs. 3 HGB) soll von der Verpflichtung des Mutterunternehmens abhängig sein, für die vom Tochterunternehmen eingegangenen Verpflichtungen einzustehen.
 

Umsetzungsfragen

Fraglich ist, ob mit der derzeitigen Verlustübernahmeverpflichtung des Mutterunternehmens nach § 302 AktG dem mit der Regelung verfolgten Ziel des Gläubigerschutzes nicht bereits ausreichend Rechnung getragen wird, da sich auch die EU-Richtlinie in diesem Punkt nicht geändert hat. Somit ist unklar, ob mit der geplanten Neuregelung eine Verschärfung gegenüber dem geltendem Recht eintritt, da die Anforderungen an eine solche Einstandspflicht noch zu klären sind.
 

Folgen

  • Aus der bisherigen Verlustübernahmepflicht des Mutterunternehmens wird eine Einstandspflicht;
  • Die künftige Inanspruchnahme der Befreiungsvorschrift könnte von der Begründung von Außenhaftungen (Schuldbeitritt, harte Patronatserklärung) des Mutterunternehmens abhängig sein.
     

Befreiungsvorschriften

Neuregelung

Die Vorschriften zur Befreiung von der Pflicht zur Aufstellung, Prüfung und Offenlegung von Jahresabschlüssen für haftungsbeschränkte Personengesellschaften (§ 264 b HGB) sollen den Regelungen von Kapitalgesellschaften angeglichen werden.

 

Umsetzungsfragen

Die versuchte Vereinfachung durch Angleichung der bestehenden Befreiungsvorschriften für Personengesellschaften und Kapitalgesellschaften widerspricht der bislang anerkannten Möglichkeit der Selbstbefreiung auch für den Jahresabschluss des Mutterunternehmens in der Rechtsform einer Gesellschaft nach § 264 a HGB. Die EU-Richtlinie erlaubt es Mitgliedstaaten, unterschiedliche Auslegungen zwischen den Gesellschaftsformen vorzunehmen.

 

Folgen

  • Befreiungsvorschrift für eigene Abschlüsse kann nicht von Personengesellschaften angewendet werden, die gleichzeitig Mutterunternehmen sind;
  • Betroffene Unternehmen müssen zusätzliche Informationen veröffentlichen und weitere Kosten in Kauf nehmen.

 

Fazit

Mit der Umsetzung der EU-Richtlinie durch das BilRUG wird sich die handelsrechtliche Rechnungslegung weiter ändern. Da derzeit lediglich der Referentenentwurf veröffentlicht wurde, ist jedoch nicht damit zu rechnen, dass die Neuregelungen wie angekündigt bereits für die Jahresabschlüsse 2014 wirksam werden. Die weitere Entwicklung des Gesetzgebungsverfahrens sollte daher beobachtet werden.

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André Nestmann

Diplom-Kaufmann, Wirtschaftsprüfer, Steuerberater, IT-Auditor IDW

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