Augen auf bei der Testamentsgestaltung – Besonderheiten bei Wohnsitz im Ausland

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von Mathias Becker
zuletzt aktualisiert am 28.10.2015

 
Immer häufiger verziehen Bürger dauerhaft ins Ausland. Dies sorgt im Erbfall oftmals für unklare Rechtsverhältnisse, da die Frage des anwendbaren Rechts in solchen Fällen nicht einheitlich geregelt ist. Die neue EU-Erbrechtsverordnung sorgt nun für deutlich mehr Rechtssicherheit. Allerdings bringt die Neuregelung Änderungen mit sich, die bei der Gestaltung der Unternehmensnachfolge und des Testaments unbedingt berücksichtigt werden müssen.
 
Durch den Wegfall von Grenzen innerhalb der europäischen Union aber auch aufgrund einer zunehmenden Internationalisierung von Unternehmen verlagern immer mehr Bürger ihren dauernden Aufenthaltsort ins Ausland. Als unmittelbare Folge dessen nehmen die Fälle zu, in denen Bürger nicht in ihrem Heimatland versterben.
 

Das anwendbare Recht beim internationalen Todesfall

Den Fall des Versterbens im Ausland hat jeder Staat bislang autonom – und im Vergleich zu anderen Staaten zumeist unterschiedlich – geregelt. Zur Frage des anwendbaren Rechts verweisen die gesetzlichen Regelungen teilweise auf die Staatsangehörigkeit des Erblassers (so etwa in Deutschland), den letzten dauernden Aufenthalt des Erblassers oder auch den Belegenheitsort des Vermögens des Erblassers. Dies führt nicht selten dazu, dass im Erbfall unterschiedliche Staaten ihr eigenes Recht für anwendbar erklären. Damit einhergehend drohen widersprüchliche Ergebnisse bei der Erbfolge, dem Pflichtteilsrecht, aber auch dem Erbverfahrensrecht.
 
Die am 17.08.2015 in Kraft getretene EU-Erbrechtsverordnung schafft in diesem Bereich nun erfreulicherweise Klarheit. Künftig ist im Anwendungsbereich der Verordnung im Erbfall das Recht des Staates anzuwenden, in dem der Erblasser seinen letzten gewöhnlichen Aufenthalt hatte. Diese zweifellos zu begrüßende Regelung führt in Deutschland allerdings zu gänzlich neuen Ergebnissen. Denn bislang richtete sich die Frage des anwendbaren Rechts im Erbfall in Deutschland nach der Staatsbürgerschaft des Erblassers – im Erbfall eines Deutschen war somit deutsches Recht anzuwenden. Verstirbt ein Deutscher künftig aber beispielsweise an seinem letzten dauerhaften Aufenthaltsort in Spanien, wird auf den Erbfall spanisches Recht angewendet. Die Rechtsfolgen des spanischen Erbrechts können sich aber erheblich von den Rechtsfolgen des deutschen Erbrechts unterscheiden – was für die Hinterbliebenen teilweise ungewollte Folgen haben kann. Sofern ein Erblasser die Anwendbarkeit des „fremden” Erbrechts auf seinen Erbfall nicht wünscht, kann – und muss – er in einer letztwilligen Verfügung eine Rechtswahl zugunsten seines Heimatlandes treffen.
 

Europäisches Nachlassverzeichnis vs. Erbschein

Auch in erbverfahrensrechtlicher Hinsicht bringt die EU-Erbrechtsverordnung, insbesondere durch die Einführung des europäischen Nachlassverzeichnisses, bedeutsame Änderungen. Bislang konnten Erben ihr Erbrecht in Deutschland durch einen Erbschein sehr einfach nachweisen. Das Dokument vermittelte im Rechtsverkehr einen sehr weitgehenden Gutglaubensschutz. Außerhalb Deutschlands stieß der Erbschein allerdings rasch an seine Grenzen, da viele Länder ihn nicht als Nachweis der Erbenstellung anerkannten. Dies führte regelmäßig zu erheblichen – nicht zuletzt kostspieligen – Schwierigkeiten insbesondere dann, wenn durch die Erbfolge die ausländischen nationalen Register, insbesondere Handelsregister und Grundbuch, geändert werden mussten.
 
Neben den Erbschein tritt nun das europäische Nachlassverzeichnis. Mit diesem lässt sich das Erbrecht im Geltungsbereich der EU-Erbrechtsreform erheblich vereinfacht nachweisen. Gleichwohl vermittelt das europäische Nachlassverzeichnis im Vergleich zum Erbschein einen nur reduzierten Gutglaubensschutz für den Rechtsverkehr. Aufgrund dessen könnten, trotz Anerkennung zumindest im EU-Ausland, in der Praxis Schwierigkeiten beim Nachweis des Erbrechts auftreten.
 

Zusammenfassung

Vor dem Hintergrund der Änderung der Rechtslage müssen die grundsätzlich begrüßenswerten Änderungen der EU-Erbrechtsverordnung in der Nachfolgeplanung und Testamentsgestaltung natürlich zwingend berücksichtigt werden. Dem Wegzug aus dem Heimatland sollte daher stets eine erbrechtliche Prüfung vorausgehen. Im Erbfall muss dann zur Vermeidung von Kosten untersucht werden, ob zum Nachweis der Erbschaft ein Erbschein, ein europäisches Nachlassverzeichnis oder gar beide Dokumente beantragt werden sollten. 
    

Bitte beachten Sie:

  • Die EU-Erbrechtsverordnung schafft Rechtsklarheit bei Erbfällen im Ausland. 
  • Das Erbrecht des Landes des letzten gewöhnlichen Aufenthalts findet künftig grundsätzlich Anwendung. 
  • Eine ausdrückliche Rechtswahl des Erbrechts des Heimatlandes ist zulässig und vorrangig.
  • Bei Umzug ins Ausland ist eine erbrechtliche Prüfung daher dringend erforderlich.
     

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Patrick Satzinger

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