US-Steuerpolitik – Navigieren in disruptiven Zeiten

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​​Glo​bal Insights​

​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​veröffentlicht am 2. Juli 2025 | Lesedauer ca. 3 Minuten

weitere Autoren: Dr. Susanne Kölbl, Elisa Fay, Steve Ratmeyer, Miriam Kelly​


Die US-Steuerpolitik steht vor tiefgreifenden Veränderungen: Neue Zölle, drohende Strafsteuern gegen als unfair erachtete ausländische Steuerregime und erweiterte Anreize für Investitionen in US-Aktivitäten sorgen für eine zunehmende wirtschafts­politische Abschottung. Diese belastet die globalen Handelsbeziehungen und könnte internationale Investitionsströme zugunsten des US-Standorts umlenken. Für international tätige Unternehmen mit US-Präsenz wächst der Handlungsdruck. CFOs sollten jetzt strategisch vorsorgen und die Entwicklungen im Blick behalten.


US-Steuerreformvorschlag: Mögliche Belastungen für deutsche Unternehmen

Mit der Rückkehr von Donald Trump ins Weiße Haus zeichnet sich ein klar protektionistischer Kurs ab, der in den letzten Monaten zu enormer Unsicherheit geführt hat. Mit dem im Mai im Repräsentantenhaus genehmigten Gesetzespaket „One Big Beautiful Bill“ soll nun – zumindest aus steuerlicher Sicht – für Stabilität gesorgt werden. Neben umfangreichen Steuerentlastungen für in den USA tätige Unternehmen sieht dieses Strafsteuern vor, die auch deutsche Unternehmen mit US-Präsenz massiv treffen könnten.

Möglicher Fortbestand von Regelungen aus dem Tax Cuts and Jobs Act

Viele Steuervergünstigungen des in Trumps erster Amtszeit verabschiedeten Tax Cuts and Jobs Acts laufen Ende 2025 aus. Dadurch würden incentivierende Vorschriften, wie FDII oder Sonderabschreibungen, restriktiver werden, und Abwehrvorschriften, wie BEAT und GILTI, durch die vorgesehenen Steuersatzerhöhungen deutlich an Schärfe gewinnen. Das hätte erhebliche steuerliche Mehrbelastungen zur Folge. Trumps „One Big Beautiful Bill Act“ will dem entgegenwirken, unter anderem durch die dauerhafte Beibehaltung zentraler Vorschriften sowie einer temporären Erhöhung der Bonusabschreibung auf 100 Prozent für bestimmte Wirtschaftsgüter. Ebenso ist eine temporäre Sofortabschreibung für Investitionen in neue oder bestehende Produktionsanlagen vorgesehen.

Geplante Maßnahmen gegen unfair erachtete ausländische Steuerregime

Unter dem Motto „America First“ plant die US-Regierung, ausländische Staaten mit als diskriminierend empfundenen Steuersystemen mit Sanktionen zu belegen. Damit gemeint sind unter anderem Staaten, die beispielweise Digitalsteuern oder die Undertaxed Profits Rule aus dem Pillar II-Regime eingeführt haben. Der Reformvorschlag enthält hierzu eine neue Regelung (Sec. 899 IRC-Entwurf), die Steuerpflichtige mit Bezug zu solchen Jurisdiktionen stärker belastet, indem der anzuwendende Steuersatz erhöht wird. Dies betrifft u.a. Betriebsstätteneinkünfte, Zinsen, Dividenden und Lizenzgebühren. Der Steuersatz soll jährlich um 5 Prozent steigen, bis die beanstandete Steuer abgeschafft wird oder ein Maximalwert erreicht ist (gesetzlicher Steuersatz zuzüglich 20 Prozent). Die neue Vorschrift würde als Treaty Override bestehende Doppel­besteuerungs­abkommen aushebeln und Steuersätze drastisch erhöhen.

Weiterhin sieht die neue Vorschrift eine Ausweitung der Base Erosion and Anti-Abuse Tax (BEAT) für US-Unternehmen vor, die im Besitz eines Steuerpflichtigen einer ausländischen Jurisdiktion sind, die eine ungerechtfertigte Steuer erhebt. Hierbei sollen auch der anwendbare (BEAT-)Steuersatz erhöht, die Vorteile bestimmter Steuergutschriften eingeschränkt und die Bemessungsgrundlage um bestimmte Zahlungen erweitert werden.
  
  
[Redaktionsschluss für den Artikel war im Juni 2025]
Update 1. Juli 2025: Eine geänderte Version des Gesetzesentwurfs wurde vom Senat verabschiedet. Section 899 IRC-Entwurf ist in dieser Version nicht mehr enthalten. Aufgrund der vorgenommenen Änderungen muss der Entwurf erneut vom Repräsentantenhaus bestätigt werden.​
  
  

Bestehende Bedrohung: Strafsteuern nach Sec. 891 IRC

Unabhängig von der geplanten neuen Vorschrift (Sec. 899 IRC-Entwurf) bleibt Sec. 891 IRC relevant. Diese Vorschrift ermöglicht es unter bestimmten Voraussetzungen dem US-Präsidenten – als Antwort auf diskriminierende oder extraterritoriale Steuern gegen US-Bürger oder US-Unternehmen – bestimmte US-Steuersätze zu verdoppeln, die für Bürger und Unternehmen des jeweiligen ausländischen Staates Anwendung finden. Kapitalgesellschaften mit deutschen Anteilseignern würden hierdurch einem Körperschaftsteuersatz auf Bundesebene von 42 Prozent bzw. im Fall von Ausschüttungen einem Quellensteuersatz von bis zu 60 Prozent unterliegen. Sec. 899, sofern umgesetzt, könnte als direktere und strukturiertere Reaktion auf ungerechte ausländische Steuern dienen, während Sec. 891 ein Instrument für spezifische Vergeltungsmaßnahmen bleiben könnte. Letzteres (Sec. 891) könnte jedoch wahrscheinlich durch Doppelbesteuerungsabkommen außer Kraft gesetzt werden.

Handlungsoptionen für CFOs

CFOs müssen sich frühzeitig mit den steuerlichen Risiken auseinandersetzen. Bestehende Strukturen sollten auf die Steuerbelastung und Steueranreize geprüft werden. Denkbar sind einerseits vorgezogene Ausschüttungen oder Vorauszahlungen bei Zinsen und Lizenzgebühren zur Vermeidung künftiger Strafsteuern. Andererseits könnte sich eine gezielte Nutzung derzeit noch bestehender Steuergutschriften – wie Clean Energy und Manufacturing Credits – lohnen, sofern die „Domestic Content“-Vorgaben erfüllt werden. Auch sollten Lieferketten geopolitisch widerstandsfähig gestaltet und Verrechnungspreise auf OECD-Konformität überprüft werden. Eine Reorganisation globaler Wertschöpfungsketten kann sowohl steuerlich als auch handelspolitisch sinnvoll sein. Da in der steuerpolitischen Diskussion aber nach wie vor viel Bewegung ist, sollten die aktuellen Entwicklungen laufend im Blick behalten werden.

Ausgabe Juli / August 2025: Wegweisende Entscheidungen

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Fallstricke der internationalen Rechtsdurchsetzung

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